Dienstag, 19. August 2014

Afghanistan: Wahlbeobachtungen am Hindukusch 2014






Inamo Heft Nr. 78  -  Afghanistan


Afghanistan: Wahlbeobachtungen am Hindukusch 2014 
Von Matin Baraki
Den Kampf um den Kopf des toten Kalbes nennen die Afghanen, das schon im März 2013 faktisch begonnene Wahlkampftheater um das Präsidentenamt am Hindukusch, dessen erster Wahlgang am 5. April 2014 stattgefunden hat. Es geht auch jetzt wieder um Postenverteilung unter den Warlords und ihrer Entourage.

Zwischen Bürgerkrieg und fragiler Staatlichkeit Von Conrad Schetter
Dieser Beitrag entwirft drei mittelfristig denkbare Szenarien für die Zukunft Afghanistans, die sich aus der Analyse zentraler Strukturelemente ergeben: des Aufbau verlässlicher staatlicher Institutionen im Rahmen der bisherigen Intervention; der Sicherheits- und Gewaltkonstellationen im Land; der politischen Trennlinien im Land; der Einwirkungen des regionalen Umfeldes sowie der internationalen Akteure; und schließlich der politischen Ökonomie des Landes.

Die an den Hebeln sitzen.
Genese und Zukunft der „Warlords“ in Afghanistans neuer Oligarchie 
Von Thomas Ruttig
Ruttig setzt den Begriff „Warlords“ als relativ rezentes Phänomen, das im Zuge der bewaffneten Konflikte seit Ende der 1970er Jahre entstand, in Anführungszeichen. Nach der 10jährigen sowjetischen Besatzung fand das Regime Präsident Najibullahs (1986-92) sein Ende, als es von Jelzin fallengelassen wurde. Eine zerstrittene Koalition von Mujahedin-„Parteien“ übernahm 1992 die Macht. „In der Folge“, schreibt Ruttig, „brachen Fraktionskriege aus, in denen das Land in Einflussbereiche verschiedener bewaffneter Fraktionen in schnell wechselnde Allianzen zerfiel. Beendet wurde die kurze, aber folgenschwere Herrschaft der "Warlords" 1996 durch die zwei Jahre zuvor entstandene Taliban-Bewegung, deren Ziel, die Fraktionskriege zu beenden und alle Fraktionen zu entwaffnen, ihr zunächst Unterstützung in weiten Teilen der Bevölkerung sicherte. Die wichtigsten Warlords flohen außer Landes; einige hielten bis 2001 Enklaven im Nordosten des Landes.“ Heute sind die Warlords in Afghanistans politischer, wirtschaftlicher und Sicherheitsarchitektur fest verankert.

„We have failed, we have lost”
- Afghanistans Opiumproduktion auf Rekordhöhe 
Von Janet Kursawe
Seit nunmehr 23 Jahren hält Afghanistan den traurigen Rekord, der mit deutlichem Abstand wichtigste globale Opiumlieferant zu sein. Nur im Jahr 2000 unter der Taliban-Herrschaft gelang es seither einmal, den Schlafmohnanbau auf einen vergleichsweise geringen Wert von 185 Tonnen zu drosseln. In allen anderen Jahren belief sich der Ertragswert mindestens im unteren vierstelligen Bereich. Ab 2006 legte die Opiumproduktion noch einmal um einige tausend Tonnen pro Jahr zu. Im vergangenen Jahr erreichte die Anbaufläche mit rund 210.000 Hektar einen neuen Rekordwert. Die Drogenbekämpfung zeigt damit auf besonders deutliche Weise das Versagen der internationalen Intervention von Militärs und Entwicklungshilfe in Afghanistan.

Das neue Kabul – Besitzkämpfe und Interessen im Urbanisierungsprozess Von Katja Mielke
Im ersten Jahr nach dem Beginn der internationalen militärischen Intervention in Afghanistan wurde im Zuge der Wiederaufbau- und Entwicklungsbemühungen die Vision einer islamischen Hauptstadt der Weltklasse (Issa 2010) für Kabul geboren. Das neue Kabul – Kabul-e Jadid – sollte auf einer Fläche anderthalb mal so groß wie die bestehende Stadt im nördlich angrenzenden Distrikt Dehsabz entwickelt werden. Praktisch vom Reißbrett wurde in den Folgejahren ein Masterplan für die scheinbar menschenleere Ebene entworfen, die Kabul mit Bagram verbindet. Bis 2025 sollten hier auf einem Territorium von 500 km2 Wohnraum und Infrastruktur für ursprünglich drei Millionen Menschen sowie eine halbe Million Arbeitsplätze entstehen.  Der Masterplan sieht den Bau von 250,000 Wohneinheiten für 1,5 Millionen Menschen vor. Das angrenzende Barikab war (vor allem wegen der Wasserversorgung) mit in die Planung eingeschlossen, um die Vision der ersten CO2-freien Hauptstadt der Welt (ibid.) zu untermauern.

Perspektiven der afghanischen Flüchtlinge in Deutschland Von Matin Baraki
Flüchtlinge und Migration stellen in der afghanischen Geschichte ein relativ neues Phänomen dar. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden einzelne, politisch aktive Persönlichkeiten durch die jeweiligen Herrscher entweder des Landes verwiesen oder zur Flucht gezwungen. Einer der ersten Flüchtlinge war 1868 der Gelehrte und islamische Kosmopolit, wie er sich selbst verstand, Sayed Jamaludin Afghani (1839-1897), der einige Jahren in Persien, der Türkei und Ägypten gewirkt und gelebt hat.
Durch sein Engagement als islamischer Befreiungstheologe in Ägypten wurde er im arabischen Raum als Al-Afghani bekannt. Sein wichtigster Schüler war der Mitbegründer der intellektuellen Bewegung „Salafiya“, der ägyptische Mufti Mohammad Abduh. Ein weiterer politischer Flüchtling war der bedeutende Publizist und spätere Außenminister Afghanistans, Mahmud Tarzi, der 1902 aus der türkischen Emigration nach Kabul zurückkehren konnte.
In den Jahren der britischen Eroberungskriege 1838-1842, 1878-1880, 1919 und der Besetzung Afghanistans gab es lediglich Binnenflüchtlinge.



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