Montag, 20. Mai 2013

al Kindi - die Erste Philosophie

 



al-Kindi: Die Erste Philosophie: Arabisch - Deutsch [Gebundene Ausgabe]
al-Kindi (Autor), Anna Akasoy (Übersetzer)

Al-Kindi gilt als der Begründer der arabischen "falsafa", also der aristotelisch geprägten Philosophie im Islam.
Er war maßgeblich an der philosophischen Bewegung im Bagdad des 9. Jahrhunderts beteiligt, wo ein Übersetzerzirkel im sogenannten Haus der Weisheit (Bait al-hikma) die Schriften griechischer Philosophen ins Arabische übertrug.

Al-Kindis Metaphysik-Schrift, die hier als erste seiner bedeutenden Schriften in einer deutschen Übersetzung vorgelegt wird, ist grundlegend für sein Philosophieverständnis.



Der erste große »Systematiker«, al-Kindi, lebte zur Zeit der großen Übersetzer, und es ist bekannt, dass der Gelehrte Ibn Na'imaal-Himsi  (gest.835) just die so einflussreiche »Theologie des Aristoteles« für al-Kindi übersetzte. 

Damit begann die  Phase der zahlreichen bedeutenden neoplatonischen Philosophen im Islam.

Systematisches Philosophieren bedeutete zunächst, dass die  Denker auf bestehende philosophische Systeme zurückgriffen, also auf die große Philosophie der Antike und Spätantike: Platon, Aristoteles und die Neoplatoniker.
Es bedeutet aber auch, dass die islamischen Philosophen ihrerseits philosophische  »Systeme« der Welterklärung aufzustellen begannen, die möglichst alle Bereiche des philosophischen Denkens behandelten  (und dazu gehörten zumindest prinzipiell auch die heute sogenannten  Naturwissenschaften).
Dabei flossen unterschiedliche Elemente der antiken Vorbilder ein, die aber im Ergebnis zu  einer autonomen Weltbetrachtung führten.

Al-Kindi bemühte sich stärker als seine Nachfolger um die Vermittlung zwischen koranischer Botschaft und griechischer Philosophie.





1 Kommentar:

  1. In Al-Kindi´s Hauptwerk „Über die Erste Philosophie“ sind die Einflüsse durch Aristoteles besonders deutlich. Es ist in vier Abschnitte geteilt:

    - Im ersten Teil steckt er den Rahmen der Untersuchung ab und erklärt, dass die Aufgabe des Philosophen die Wahrheitssuche ist, also die Suche nach den Ursachen für Materie (al-'unsur), Form (al-sura), Gattung (al-dzins) und Art (al-nau'a) der Dinge (in Anlehnung an Aristoteles' „Metaphysik“).

    - Im zweiten Teil ändert sich die Perspektive, und Kindī erklärt, dass die Welt endlich ist und die Unendlichkeit der Welt nur eine Potenz ist. Er zeigt, dass die Dimensionen des Raumes endlich sind (in Anlehnung an Aristoteles' „Über den Himmel“), so wie aber auch die Zeit endlich sei (hier geht er einen Schritt weiter) und also einen zeitlichen Anfang haben müsse (in Anlehnung an Johannes Philoponos).

    - Im dritten Teil erklärt er die Existenz Gottes mit dem Argument, dass die Vielheit der sinnlich wahrnehmbaren Dinge auf der Existenz des ursprünglichen Einen beruhe (in Anlehnung an den Neuplatoniker Proklos).

    - Im vierten Teil beschreibt Kindī Gott und bedient sich einer negativen Theologie im Sinne des späten Neuplatonismus (in Anlehnung an Proklos); der Text wird aber abermals mit einer Wendung beschlossen: Der ferne und unbekannte Gott habe unsere Welt nicht von Ewigkeit her sondern in der Zeit aus dem Nichts bewirkt (in Anlehnung an das religiöse Dogma der Schöpfung aus dem Nichts).

    Seine eigentliche Philosophie war zunächst auf der Mathematik aufbauend; es finden sich Zahlenspiele in seinen Schriften. Nach ihm konnte niemand „Philosoph“ werden, ohne nicht Mathematik beziehungsweise Logik studiert zu haben.

    Trotzdem ist die Welt bei ihm ein Werk Gottes, dessen Wirken von oben nach unten vermittelt wird: alles Höhere wirkt auf das Niedere ein, nicht aber das Verursachte auf seine (über ihm auf der Stufe des Seins stehende) Ursache. So entsteht eine durchgehende Ursächlichkeit in der Welt, deren Erkenntnis es ermöglicht, Zukünftiges vorherzusagen. Die Welt besteht aus dem (göttlichen) Geist, der (materiellen) Körperwelt und der Seele, die sich dazwischen befindet. Die menschliche Seele ist ein Ausfluss dieser Weltseele, daher in ihren Wirkungen an den Körper gebunden, ihrem geistigen Wesen nach aber unabhängig. Die Seele ist in die Sinnenwelt herabgekommen, mit einer Ahnung ihres ursprünglichen Zustands und findet sich daher hier nicht heimisch. Erlösung kann sie erst wieder im Aufstieg in die geistige Welt finden, wo alle ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Dafür muss sie sich indes von allen materiellen und körperlichen Begierden befreien – hier finden also wieder deutliche islamische Elemente Einzug.

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